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12. Juli 2023

Alles wichtige zu Kinderallergien

Der Facharzt für Dermatologie mit Schwerpunkt Dermatochirurgie und ästhetischer Medizin sowie Gründer der S-thetic Gruppe Dr. Afschin Fatemi erklärt in einem Interview alles wichtige zu Kinderallergien.

Was ist der Unterschied zwischen einer Allergie zu einer Intoleranz?
Dr. Afschin Fatemi: „Der wohl größte und signifikanteste Unterschied ist die jeweilige Auswirkung auf das Immunsystem. Die Frage ist, wie das Immunsystem reagiert. Bei einer Intoleranz reagiert das Immunsystem nicht. Bei der Allergie reagiert das Immunsystem, es handelt sich um eine Art Abwehrreaktion.“

Ist jedes Kind gleichermaßen anfällig für Allergien?
Dr. Afschin Fatemi: „Durch Studien wurde belegt: Zu viel Sauberkeit ‚schadet‘. Durch die gute hygienische Entwicklung in den Städten konnte die Infektionsanfälligkeit deutlich reduziert werden, doch führt sie auch zu einem vermehrten Allergieanstieg, da sich der Körper gegen den Kontakt mit sogenannten Antigenen nicht mehr so gut wehren kann. Wenn ich super sauber bin, habe ich nie mit Antigenen Kontakt. Wenn ich auf dem Bauernhof lebe, habe ich Kontakt mit ganz viel ‚Dreck‘, in dem Antigene drin sind, und reagiere weniger allergisch, wenn ich älter bin.“

Sind Allergien und Unverträglichkeiten vererbbar?
Dr. Afschin Fatemi: „Grundsätzlich sind Allergien und Unverträglichkeiten vererbbar. Sind beide Elternteile betroffen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Kind ebenfalls an einer Allergie erkranken wird.“

Was sind die Auslöser für Allergien?
Dr. Afschin Fatemi: „Eine Allergie entsteht durch den immer wiederkehrenden allergieauslösenden Stoff. Dies können Pflanzen, Haare, Hausstaubmilben oder bestimmte Nahrungsmittel sein.“

Wie erkennen Eltern eine Lebensmittel- bzw. Nahrungsmittelallergie?
Dr. Afschin Fatemi: „Wichtig ist, auf symptomatische Reaktionen des Kindes zu achten. Rötet sich die Haut, schwellen Körperteile an, läuft die Nase und muss das Kind husten, kann eine Allergie der Grund sein. Kinder reagieren entweder mit Quaddeln, aber Durchfall kann auch ein Erkennungsmerkmal sein. Dann ist es wichtig, die entsprechenden Nahrungsmittel, die der Auslöser für die allergische Reaktion sein können, zu meiden und das Kind einem Allergietest unterziehen.“

Was beugt Allergien auf Lebensmittel vor?
Dr. Afschin Fatemi: „Es gibt keine nachgewiesenen Maßnahmen, die eine allergische Erkrankung verhindern. Es kann lediglich eine Toleranzbildung beim Baby erfolgen, etwa in Form von bestimmter Ernährung während der Schwangerschaft und in den ersten Monaten nach der Geburt.“ 

Wie verhält sich das Ganze beim Thema Heuschnupfen?
Dr. Afschin Fatemi: „Der Heuschnupfen tritt bei einer allergischen Reaktion auf Pollen verschiedener Pflanzen auf. Diese kann in den Schleimhäuten der Augen, Nase und Rachen stattfinden und sich durch Schwellungen, Juckreiz, Husten, Niesreiz, Nasenlaufen oder -Verstopfung, erschwerte Atmung und Tränen bemerkbar machen. Bei einem Verdacht auf Heuschnupfen ist es ratsam Kinderärzt*innen oder Allergolog*innen aufzusuchen. Es ist empfehlenswert eine Behandlung zu beginnen, da sich sonst das Risiko erhöhen kann, dass sich die Erkrankung zu einem allergischen Asthma entwickelt. Möglichkeiten sind die Allergene zu vermeiden, die Symptome zu unterdrücken oder die Ursache der Allergie festzustellen und zu behandeln. Sobald der Auslöser festgestellt wurde, kann beispielsweise über eine spezifische Immuntherapie, empfohlen ab dem fünften bis sechsten Lebensjahr, auch Hyposensibilisierung genannt, nachgedacht werden, bei der eine sich langsam steigende Dosis der auslösenden Stoffe dem Körper verabreicht wird. Ziel ist es, dass das körpereigene Abwehrsystem nicht mehr auf die Auslöser des Heuschnupfens reagiert. Außerdem kann es hilfreich sein, sich über den Pollenflug zu den bestimmten Jahreszeiten zu informieren und so den Aufenthalt im Freien anzupassen.”  

Was sind Anzeichen für Asthma bei Kindern?
Dr. Afschin Fatemi: „Zu den typischen Symptomen bei einer Asthma-Erkrankung von Kindern gehören Hustenanfälle, Atemnot und Atembeschwerden bei Anstrengung sowie keuchende oder pfeifende Atemgeräusche, die häufig beim Ausatmen zu hören sind und als ‘Giemen’ bezeichnet werden. Auch bei bereits geringer Anstrengung kann es zu Kurzatmigkeit kommen. Außerdem können Kinder ein Enge- und Druckgefühl im Brustbereich oder auch Luftnot verspüren. Die Symptome müssen nicht gleichzeitig auftreten. Um den Verdacht auf Asthma diagnostizieren zu können, sollte in jedem Falle eine ärztliche Abklärung erfolgen, da die Symptome auch durch eine Erkältung ausgelöst werden können.”

Auch ein atopisches Ekzem (Neurodermitis) ist eine allergische Reaktion, die bei Kindern recht häufig Auftritt: Was erkennen Eltern Symptome und wie sind diese zu lindern?
Dr. Afschin Fatemi: „In den ersten Monaten nach der Geburt bis hin zum zweiten Lebensjahr erkranken viele Babys an Neurodermitis. Es bilden sich Hautausschläge, die Haut wird rot und juckt. Helfen kann eine leichte Kühlung der betroffenen Stellen und das Verbinden mit fettfeuchten Verbänden, um die Haut vor dem Austrocknen zu schützen.“

Wie sollte die Haut des Kindes gepflegt werden? (Welche Wirkstoffe sind zu vermeiden)
Dr. Afschin Fatemi: „Um die Hautbarriere zu unterstützen, sollte das Kind zweimal täglich eingecremt werden. Dabei sollten Eltern darauf achten, dass es sich um rückfettende Salben handelt. Auch leichte, nicht zu heiße Ölbäder können helfen. Im Laufe der Jahre verbessert sich das Krankheitsbild oft. Helfen können Pflegeprodukte, die Haut besonders versorgen. Der patentierte noreiz-Wirkkomplex mit dem körpereigenen Wirkstoff Thiocyanat bindet Reizstoffe, versorgt die Haut mit reichhaltigen Pflegestoffen und lindert so die Hautreizung spürbar.“

Wann ist ein Besuch beim Facharzt ratsam?
Experte: „Stellen Eltern über einen längeren Zeitraum Hautveränderungen fest, sollte dringend ein Facharzt aufgesucht werden, der die Erkrankung diagnostizieren kann. Auch kann ein Behandlungsplan entwickelt werden, um dem Kind zu helfen, sodass Krankheitsschübe minimiert und hinausgezögert werden und sich das Krankheitsbild verbessert. Wenn die Kinder allergisch reagieren, dann geht man am ehesten zum Allergologen oder Dermatologen, da diese auch Allergietests durchführen.“

Gibt es ein bestimmtes Alter in dem ein Allergietest durchgeführt werden kann?
Dr. Afschin Fatemi: „Ein Allergietest kann grundsätzlich bei Kindern in jedem Alter durchgeführt werden. Empfohlen werden die Tests häufig ab dem dritten Lebensjahr. Da Allergien oft schon im frühen Kindesalter auftreten können, ist eine frühzeitige Diagnose durchaus sinnvoll. Je eher eine Allergie festgestellt werden kann, desto früher können Gegenmaßnahmen eingeleitet und dem Kind geholfen werden.” 

Wie genau funktioniert ein Allergietest bei Kindern?
Dr. Afschin Fatemi: „Nachdem ein Verdacht auf einen bestimmten Allergieauslöser festgestellt wurde, kann ein Allergietest durchgeführt werden. Hierbei gibt es verschiedenen Varianten, die für die unterschiedlichen Allergie-Typen entsprechend geeignet sind. Zu ihnen gehören Haut- und Bluttests. Bei dem sogenannten Pricktest werden verdächtigte allergenhaltige Lösungen auf die Haut aufgetragen und anschließend mithilfe von beispielsweise einer Nadel unter die Haut gebracht. Der Patch- oder Epikutantest bringt Testsubstanzen mithilfe eines Pflasters auf die Haut, welches dort für 24 bis 48 Stunden kleben bleibt. Alternativ kann für einen Bluttest eine Blutprobe entnommen werden. Hierbei haben Ärzt*innen die Möglichkeit die Probe auf einen erhöhten Spiegel an Gesamt-Immunglobulin-E-Antikörpern und spezielle Antikörper gegen bestimmte Allergene zu untersuchen. Bei einem sogenannten Intrakutantest werden Allergensubstanzen in die mittleren Hautschichten gespritzt. Sollten weder Haut- noch Bluttests eindeutigen Ergebnisse zeigen, kann ein Provokationstest durchgeführt werden, wenn weiter der Verdacht auf eine Allergie besteht. Hierbei wird das Allergen direkt auf den betreffenden Bereich des Körpers gebracht.”

Wie erkennt man einen allergischen Schock und was ist im Akutfall zu tun?
Dr. Afschin Fatemi: „Auch als anaphylaktischer Schock bezeichnet, ist dies die schwerste Form einer allergischen Reaktion. Die Symptome können sich sehr plötzlich und innerhalb kürzester Zeit entwickeln. Zu den alarmierenden Symptomen gehören Kreislaufprobleme, Blutdruckabfall, Atemnot, Schwindel, Bewusstlosigkeit und ein rasender Puls sowie Juckreiz, Hautrötungen, Schwellungen oder das Bilden von Quaddeln, d.h. leichte, juckende Schwellungen. Es kann außerdem zu Übelkeit, Erbrechen und Bauchkrämpfen kommen. Im Akutfall sollte zuallererst dringend ein*e Notärzt*in gerufen und falls vorhanden ein Notfallset mit den entsprechenden Medikamenten angewendet werden. Bei Atemproblemen kann es hilfreich sein, den Oberkörper hochzulagern, bei Schwindel die Füße etwas hochzulegen und bei Bewusstlosigkeit die stabile Seitenlage anzuwenden. Sollte die Atmung aussetzen ist eine Mund-zu-Mundbeatmung erforderlich und bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand muss die Reanimation beginnen. Wichtig ist als helfende Person Ruhe zu bewahren sowie das Kind zu beruhigen.”

Dr. med. Afschin Fatemi, Ärztlcher Leiter S-thetic Clinics, Düsseldorf

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