Wie gesund und sinnvoll sind Quetschies und Fruchtsauger?
Viele Eltern kennen das Problem. Eine lange Autofahrt steht an und man will den Kleinen zwischendurch einen gesunden Snack anbieten, der nicht kleckert. Und auch beim Spielplatzbesuch oder einfach mal so – viele Eltern greifen auf die sogenannten Quetschies zurück, kleinen Tütchen für Kinder, gefüllt mit Fruchtpüree. Diese sind praktisch, schnell in der Tasche verpackt und gesund.
Auch wenn die Quetschies in bestimmten Situationen wirklich praktisch sind, so erklärt Logopädin und InnerMe-Gründerin Catja Eikelberg, dass diese nicht wirklich gesund und auch wenig sinnvoll für die Mundentwicklung sind. Zum einen wird das Fruchtpüree zunächst immer geschält, püriert und eingekocht. Dadurch verliert es die wichtigsten Nährstoffe und so sind Quetschies kein Ersatz für Obst und Gemüse.
Außerdem ist es laut der Expertin für die Kleinsten zum Start mit dem Beikostalter ungemein wichtig, dass diese einzelne Nahrungsmittel nach und nach kennenlernen und im Mund spüren. Nur wer selbst in eine saftige Birne gebissen hat, weiß, was eine Birne ist. Nicht nur das Schmecken ist beim Essen ungeheuer wichtig, auch das Kauen, das für einen starken Kiefer sorgt, entfällt bei Quetschies oder bei den in den letzten Jahren ebenfalls beliebten Fruchtsaugern. Ein starker und gesunder Kiefer ist für das spätere Sprechen unabdingbar.
Um herauszufinden, wie Textur und Geschmack von einzelnen Obstsorten sind, müssen Kinder dieses Obst in ihrem Ursprungszustand zu sich nehmen. Natürlich spricht nichts dagegen, wenn im stressigen Alltag ein Quetschie gegessen wird. Catja Eikelberg empfiehlt, danach allem auf die Zahnreinigung zu achten, denn beim Saugen an der kleinen Tüte werden die Zähne viel vom Fruchtpüree umspült. Bei einem häufigen Gebrauch von Quetschies kann es daher zu negativen Folgen wie Milchzahnkaries, Sprechauffälligkeiten, einem zu schmalen Kiefer mit Zahnfehlstellungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder auch zu mehrfach auftretenden Krankheiten im Hals-Nasen-Ohren-Bereich kommen.
Ein weiterer Punkt, der gegen Quetschies spricht, ist die hohe Menge an Kohlenhydraten und an Zucker, die hier in kürzester Zeit konsumiert wird. Grundsätzlich empfiehlt die WHO, dass Kinder maximal 10% ihres Energiebedarfs über Zucker aufnehmen, Fruchtzucker wie in Quetschies ist hier inbegriffen. Ein solcher kann oft schon die halbe Tagesdosis der empfohlenen Zuckermenge enthalten.
Logopädin Catja Eikelberg: „Ich empfehle aus logopädischer Sicht, auf Quetschies zu verzichten, auch wenn sie ab dem Beginn des Beikostalters gegeben werden können. Es spricht nichts dagegen, in Ausnahmefällen, wie z.B. auf einer langen Autofahrt, mal ein Quetschie zu verwenden. Aber wenn sie täglich und regelmäßig gegessen werden, überwiegen die negativen Punkte.
Der neue Trend: Fruchtsauger
In den Regalen von Supermärkten und Drogerien findet man seit einiger Zeit auch Fruchtsauger. Diese kleine „Helferlein“ werden – wie auf dem Bild dargestellt – mit Essen befüllt und können so bereits von Babys gehalten werden. Allerdings stehen die Furchtsauger auch direkt für die Angst bei Eltern und Großeltern, dass sich das Kind verschlucken könnte an den Fruchtstücken, auch wenn die Hersteller dies verneinen. Das stimmt auch, jedoch ist der Fruchtsauger aus logopädischer Sicht ein Hilfsmittel, das lediglich therapeutisch bei Kindern (oder auch Erwachsenen) eingesetzt werden sollte. Um Fruchtsauger im Alltag mit einem Baby oder einem Kleinkind zu gebrauchen, sind sie nicht zu empfehlen.
Catja Eikelberg: „Schon oft habe ich die Aussage „Aber das ist doch super, dass sich die Kinder beim Fruchtsauger nicht verschlucken können!“ gehört. Doch Verschlucken ist nicht gleich verschlucken und als Eltern sollte man dies auch um jeden Preis vermeiden.“ Aus ihrem Arbeitsalltag weiß die Logopädin, dass Kinderschon sehr früh kompetent sind. Daher sollten Kinder ab der Beikostreife, bei der unter anderem die Zunge nicht mehr nach vorne gehen sollte, kaubares Essen von Tag zu Tag immer besser im Mund kontrollieren können. Dazu brauchen die Kleinsten jedoch viele Erfahrungen und Wiederholungen, um kompetent zu werden. Die Fruchtsauger nehmen den Babys und Kindern diese Erfahrungen, so dass sie erst viel später kompetent werden. Da eine gesunde Ernährung und das Essen von Obst natürlich auch schon im jungen Alter wichtig sind, kann man stattdessen Nahrungsmittel altersgerecht zubereiten, zum Beispiel einen Apfel in den Joghurt raspeln oder ihn leicht andünsten. Wie Catja Eikelberg weiß, ist es vor allem sehr wichtig, dass Kinder aufrecht mit Fußkontakt zu einem Untergrund und in Ruhe essen, um das Verschluckungsrisiko zu minimieren. Ein Erste-Hilfe-Kurs am Kind ist für Eltern oder auch Großeltern eine gute Sache, denn so können Kinder angstfreier kompetente Esser werden.
Catja Eikelberg ist Logopädin, Kognitionswissenschaftlerin und Gründerin von InnerMe, einem Online Concept Store für Eltern, in dem sie in Zusammenarbeit mit weiteren Therapeut:innen, Ärzt:innen und anderen Experten wertvolle Tipps für Eltern liefert. www.inner-me.de
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